Heft zur Qual: bildungs- und hochschulpoli-sick

prolog: zum zweiten mal schon versuchen wir nun, uns einem themenkomplex programmatisch zu nähern, der eigentlich nach einem ende der oberflächlichkeit verlangt. und wieder ist das ergebnis konsequenz aus und flucht vor der tiefgründigkeit: 5 elaborate über bildung – 5 einstiege in debatten, deren prämissen nicht unsere sind.

trendige euphemismen #1:

studienkonten, bildungsgutscheine, voucher-modell

unseres erachtens ist das aktuelle system der bildungsfinanzierung bestenfalls unter einfluss harter drogen als irgendwie positiv zu bezeichnen. vor dem hintergrund unseres steuersystems finanzieren – grob vereinfacht – eher “bildungsferne” schichten die (aus-) bildung der menschen an den schulen und hochschulen. das ist derart unhaltbar, dass es für die geschmackssicheren visionärInnen des „ring christlich demokratischer studeure“ (o.s.ä., rcds) der grund ist, mit vehemenz gegen studiengebührenmodelle zu vo(l)tieren.

obwohl es reizt, das gegenteil des rcds zu fordern, können auch wir nicht einfach sagen: „ran an die börsen der superreichen studies, her mit deren studiengebühren“, denn zum einen beeinträchtigt die dadurch verstärkte elternabhängigkeit oftmals die eigenverantwortliche wahl von bildungs-biografien. und zum anderen kann bildung schlicht unmöglich käuflich sein.

dilemma, ick hör dir trapsen

das versprechen einer unter politischen gesichtspunkten annehmbaren also gerechten bildungsfinanzierung in diesem (steuer-| erbschafts-|kapitalistischen|…) system ist schlicht eine mär. was bleibt, ist die forderung nach reflektierter debatte über bildungsfinanzierung mit der offenheit für echte konsequenzen. ein klares nein zu den finanzierungsmodellen, die derzeit nassforsch diskutiert werden, ist da eingeschlossen.

trendige euphemismen #2:

ausbildung, praxisorientierung

erstere ist in ihrer ursprünglichen bedeutung eher eine korrekte bezeichnung denn ein euphemismus. schließlich gehts im unterschied zum aktivischen „sich bilden“ beim „ausgebildet werden“ genau um prägung zu einem für das aussen „nutzbaren“ zustand. was zweitere als waschechten euphemismus ins licht rückt. als ginge es um die orientierung an eigener praxis.

being a speckstein

ausbildung zu wollen, ist nicht verwerflich, zumal was abfällt, dh. sich damit einkommensmöglichkeiten verbinden. hier jedoch die persönliche wahl zu verwehren und sich selbst genügende bildung durch verschulung der studiengänge zu erschweren, ist nicht nur politisches ziel sondern die weitere einschränkung eines menschenrechts.

trendige euphemismen #3:

drittmittel

diese seien – dem rektorat sei’s geläutet und geklingelt – besser betitelt als „finanzierung von auftragsforschung“ und in diesem sinne prädestiniert für die inhaltliche und publikatorische einflussnahme eben der auftraggeberInnen. hier übertriebenen altruismus zu unterstellen, wäre blanke realitäts-verweigerung – da reden wir doch lieber von ergebnisorientierter verwertbarkeitslogik.

huhn oder ei?

forschung oder ergebnis?

eigentlich eine sache, für die sich eine unternehmensinterne forschungsabteilung anböte, die sich zur personalakquise an all jene erinnerte, denen der zugang zum ersten arbeitsmarkt verwehrt ist.

trendige euphemismen #4:

sponsoring, public-private-partnership

dass in den hörsälen in zukunft werbewirksames zu hängen käme, sei doch gar nicht zu verurteilen, war schon bei der einführung der „marketing“-tafeln auf der seminarraumebene aus dem rektorat zu hören. schießlich müssten „die“ dafür ja zahlen; mehr geld – bessere lehre. dass die penunzen ohne gegenwert fließen würden, glaubt wohl niemand, schließlich wird mit der werbung ja etwas „bekannt gemacht“; mehr bekanntheit – bessere bilanzen.

dass aber der zu „promotende” inhalt zumindest nicht mit einem für das unternehmen negativen inhalt der lehrveranstaltung vermittelt werden kann, scheint keineN derer zu bedrücken, die sich sooo viele schöne sponsoring-euren ausmalen. da sei nur nebenbei erwähnt, dass die uni sich bei den verhandlungen zu den angesprochenen werbetafeln selbst in monetärer logik hat sagenhaft über den tisch ziehen lassen.

trendige euphemismen #5 :

green card, zuwanderungsgesetz

auch diese legislativen schnellschüsse passen trefflich ins konzept der bildungspolitik. unter der prämisse der wirtschaftlichen einsetz- bzw. verwertbarkeit werden die menschen in “willkommene” und abzulehnende selektiert. hier entscheidet – wie hier erst angestrebt – eben die “genossene” ausbildung, ob ein mensch die festung europa erklimmen darf.

für die glasklarheit: wer hier unterstellt, wir sähen die einwanderung irgendwelcher menschen kritisch oder ablehnend, irrt gewiss. grenzen auf für alle.

epilog

verflucht! im schweinsgalopp ins liberale paradies. und dennoch: gleich den interessensgruppen studentischer privililegien-sicherung den im text angedeuteten bildungspolitischen debatten besondere priorität in der politischen Arbeit einzuräumen, verkennt, wo’s wirklich brennt. all die phrasen sind immerhin – trendiger euphemismus #42 – marketing.

                                                                                                       alles für alle

 

 

 

                                                                                                                                       
                                                                                                                     

 

 

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