Sicherheit! – Sauberkeit! – Dezernat FM!

Öffentlicher Raum Universität und autoritäre Umstrukturierung

Das Dezernat Facility Management an der Uni und sein Chef Christian Schepers, tun sich in den letzten Semestern mit übereifriger Aktivität hervor. Dabei werden Initiativen der Studierenden zurückgedrängt um die Uni möglichst modern und wettbewerbsfähig darzustellen. So wurde inzwischen die Garderobe in der Unihalle abgerissen, und durch einen Infopunkt, im zukunftsfähigen Glasdesign, das Offenheit suggeriert, ersetzt. Am Haupteingang gibt es jetzt einen Verkaufsort für Universitäts‐pullover, der (zukünftigen) Studierenden ermöglicht die eigene Dazugehörigkeit uniform in Szene zu setzen. Wieder einmal war im Wintersemester 2009/10 die Plakatierordnung der Universität bezüglich des Plakatierens in der Unihalle im Gespräch. Kurzfristig schien es so, als dürfe gar nicht mehr in der Halle plakatiert werden. Nach einem kamerad‐schaftlichen Gespräch zwischen Teilen des AStAs (Mitglieder der die AStA‐Koalition tragenden Hochschul‐gruppen, namentlich der Ghg*ol und Jusos), einem stellvertretenden Vorsitzenden des StuPa und dem Rektorat ist der brüchige Friede wieder hergestellt. In der Halle darf weiter von Studierenden plakatiert werden, solang gebührender Abstand vom Infopunkt gehalten wird, damit die Uni nicht aus Versehen mit den Inhalten der Plakate assoziiert wird. Unabhängig davon nahm sich das Rektorat vor ca. einem Jahr das Recht ein Plakat der Antifa‐AG zu verbieten, da in einer Ankündigung eines Wochenendseminars zur Faschismustheorie, einem eindeutig antifaschistischem Zusammenhang, ein Bild von Adolf Hitler verwendet wurde. Nachdem zwischenzeitig auch Audimin‐Parties verboten werden sollten, und somit den Fachschaften und anderen Studierendengruppen die Möglichkeit genommen werden sollte, unabhängig von Diskotheken Parties zu veranstalten, gibt es jetzt einen Schulterschluss zwischen AStA und dem Dezernat Facility Management. Allerdings haben sich die Auflagen für Audimin‐Parties deutlich verschärft, so dass bspw. eine hohe Kaution für die Nutzung bereitgehalten werden muss. An den weniger sichtbaren Orten werden den Studierenden die Räume weggenommen. So hat das Dezernat Facility Management dem von Studierenden betriebenen Radiosender Hertz 87,9 zwischenzeitlich einen Redaktionsraum entzogen, mit der Folge, dass das Radioprogramm nur noch auch Sparflamme gesendet werden konnte. Auch die Fachschaft Erziehungswissenschaft ist betroffen und musste umziehen. Ein von Mitarbeiter_innen der Abteilung Philosophie verschönertes Klo musste im Rahmen des Ordnungswahns und für die Vereinheitlichung selbstständig wieder zum „Normalzustand zurückgeführt“ werden. Auch wenn es scheint, als würde ein Großteil dieser Maßnahmen durch einzelne im Dezernat Facility Management vorangetrieben, so darf doch nicht vergessen werden, dass dies alles mit Einverständnis des Rektorats vor sich geht.

Rückblick

Vor einigen Jahren wurde das Thema öffentlicher Raum und Sauberkeit und „Sicherheit“ schon einmal an der Uni Bielefeld diskutiert. Ab Dezember 04 wollte das Rektorat in Kooperation mit dem „Ästhetischen Zentrum“ (ÄZ) die Halle umgestalten, um die Attraktivität und die Funktionalität des Unigebäudes zu steigern. Begründet wurde dies im wesentlichen damit, dass die Uni Bielefeld „unter wachsendem Wettbewerbsdruck um Studierende, Lehrende, Drittmittel, Sponsoren etc. gehalten ist, ihr besonderes, Profil’ zu finden“ (Rektoratspapier vom 8.12. 2004, siehe damalige AStA‐Homepage, vielleicht irgendwo gespeichert?). Die geplanten Maßnahmen richteten sich zunächst vor allem auf die Gestaltung der Wände und die Möblierung der Unihalle. das Rektorat die Studierendenschaft nicht in die Planung einbezogen hat und diese erst recht spät informiert hat. Zu Recht wird die Umgehung sämtlicher demokratischer Entscheidungs‐findungsgremien innerhalb der Universität einschließlich des Senates kritisiert. Diese Veränderungen wollen wir jedoch in einen weiteren gesellschaftlichen Kontext stellen, um zu einer grundsätzlichen Kritik zu kommen.

Öffentlicher Raum

:uniLinks! betrachtet die Politik von Dezernat FM und Rektorat vor dem Hintergrund der seit Mitte der 90er Jahre in der BRD vorangetriebenen Umstrukturierung öffentlichen Raums. Innenstädte, Bahnhöfe und Parks wurden und werden vermehrt privatisiert. Der Raum wird verstärkten Kontrollmaßnahmen unterzogen, Kameras werden installiert und private Sicherheitsdienste beauftragt. Aus Fußgängerzonen werden Shopping‐malls oder Einkaufspassagen mit privatem Hausrecht. Die Innenstädte konnten und können auf diese Weise effektiver von „unerwünschten“ Menschen „befreit“ werden, also all diejenigen, die meistens einkommens‐schwach sind und nicht am Konsum teilnehmen können oder wollen. Hier verschränken sich die Maßnahmen mit einem oft auch rassistischen Sicherheitsdiskurs, bspw. bei „verdachtsunabhängige Kontrollen“. Für Bielefeld sei an die Kamerainstallation im Ravensberger Park erinnert, die mit der Begründung von angeblich mehr Sicherheit zu einem Verdrängen der schwulen „Cruising“Area führte. Auch die Dauermusikbeschallung an der Stadtbahnhaltestelle am Hbf („Tüte“) oder neuerdings vor der Filiale von „Peek & Cloppenburg“ steht in diesem Zusammenhang. Begründet werden die beschriebenen Maßnahmen mit dem verstärkten Wettbewerb der Städte und Gemeinden untereinander, um vermeintlich Arbeitsplätze schaffende Investor_innen und Tourist_innen. Mensch will in den Innenstädten ideale Bedingungen für eine mittelschichts‐orientierte Konsum‐ und Entertainmentwelt schaffen. Wer in diese Welt nicht passt, muss gehen. Die aus dieser Politik entstehenden Kämpfe um öffentliche Räume gehen bis heute unvermindert weiter. So ist der Bielefelder Frauenwagenplatz „Wagabanda“ momentan akut durch Räumung.

Uni Bielefeld

Diese gesamtgesellschaftliche Situation verschränkt sich also schon seit längerem mit den Ereignissen an der Uni Bielefeld. An Wochenenden und Feiertagen wird Menschen ohne Studierendenausweis oder Büro‐schlüssel der Zutritt verweigert, Mensa und Hallenbad sind nur mit Studierendenwerkskarte zu betreten. So werden unerwünschte Nutzer_innen der Infrastruktur an der Uni ausgeschlossen; natürlich auch hier mit der Begründung von angeblich zu hohen Kosten und Sicherheitsrisiken. Mit dem Hallenumbau und der durch das Rektorat angeführten Begründung, sowie den Veränderungen der letzten Zeit, zieht nun ein weiteres Stück der kapitalistischen Verwertungslogik in die Uni ein. Die Frage nach der Möglichkeit von Bildung, die sich wünschenswerter Weise mit Emanzipation und der Beförderung von Kritikfähigkeit verbinden würde, gilt es an diesem Punkt zu stellen. Wie die Innenstädte zu sauberen Konsumzonen, soll die Uni nun zu einer ordentlichen und übersichtlichen Ausbildungseinrichtung werden. „Ästhetik“ bedeutet hier Normierung bzw. Normalisierung. Als Ausgangspunkt der Veränderungen in der Universität wird hier nicht ein realer Missstand genommen, der von den Nutzer_innen der Halle, den Studierenden, als solcher empfunden wird, wie die zum Teil nicht Rollstuhl‐gerechten Bereiche an der Uni, auf die der AstA zu Recht hinweist. Stattdessen bezieht sich das Rektorat auf das subjektive Ordnungsempfinden einer kleinen Gruppe, die das damalige Rektoratspapier erarbeitet hat und die das Vorgehen des Dezernats FM und des Ästhetischen Zentrums bestimmt. Der Jargon der zwingenden Notwendigkeit, den das Rektorat und sein Dezernat FM immer wieder verwenden, ist Teil einer typischen neoliberal‐repressiven politischen Strategie. Es gibt keine objektiven Missstände, keinen Zeitdruck, keine Knappheit sondern nur getarnte Interessen. Die restriktiv‐autoritäre Politik muss in den oben beschriebenen gesellschafts‐politischen Kontext eingeordnet werden, um mit dieser Perspektive eine weitergehende Kritik an der derzeitigen Politik des Rektorates zu formulieren als dies bisher geschehen ist. Der Hallenumbau sollte als Aufhänger für eine grundsätzliche Kritik am hegemonialen autoritären, (post‐)neoliberalen Diskurs im Bereich der Bildungspolitik sowie der Raum‐ und Innenpolitik in Deutschland genutzt werden: :uniLinks! wendet sich gegen diesen ganzen Scheiß und die Kontrolle von Information und politischer Artikulation in der Universität. :uniLinks! liebäugelt in diesem Sinne mit einer freien Bildung im Sinne von Emanzipation und Kritikfähigkeit, mit einer Universität als sozialem Raum für leben, lernen, politische Arbeit, nicht‐kommerziellen Kulturbetrieb und freien, selbstbestimmten Informationsaustausch. Das Rektorat und das Dezernat FM müssen daran gehindert werden, ihre Politik durchzusetzen.

Für freies Plakatieren in der Universität!

Rettet die Wandzeitungen!

Dezernat FM abschaffen!

„Stürmt das Schloss!“

Wahlen zum Studierendenparlament 28.6. – 2.7. 2010 Liste 6 :uniLinks!_r.o.s.a

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