Heft zur Qual: Gegen den neuen rechten Konsens – Ein Rundumschlag

Prolog: 15% der StudentInnen an Hessens Hochschulen haben einer wissenschaftlichen Untersuchung zufolge festgefügte rechtsautoritäre Einstellungen.¹ Es ist wohl kaum anzunehmen, dass dies in NRW oder speziell in Bielefeld großartig anders ist.

Wie ist das zu erklären?

Zunächst scheint sich die neoliberale Ideologie, die den unbedingten Konkurrenzkampf als Motor der Entwicklung predigt, im politischen Bewußtsein der Studierenden niederzuschlagen.

So vermuten SozialwissenschaftlerInnen des Frankfurter Instituts für Sozialforschung im Hinblick auf das Bewußtsein von StudentInnen, daß aufgrund des immer stärker werdenden Leistungsdrucks eine »wenig konkurrenzorientierte linksliberale Einstellung als ein unerträglich widersprüchliches Lebensstilelement empfunden wird, das zudem als ein bloßer Konformismus gegenüber den Lehrenden gedeutet wird, die als Verfechter der Werte von ’68 gelten. Demgegenüber würde sich die neurechte Ideologie als ultrarealistische Leistungsideologie anbieten, die es erlaubt, Konkurrenten institutionell nachhaltig auszuschließen, und gleichwohl das Gefühl nicht nur aufrecht erhält, sondern sogar noch verstärkt, nonkonformistisch gegen bestehende Lebensverhältnisse zu handeln« 2

Damit einher gehend lässt sich seit Beginn der 90er Jahre auch eine schleichende Restauration rechten Denkens in der sog. Politischen Mitte Feststellen. „Da ist von der Rückkehr in die Geschichte die Rede oder von Deutschland als der Zentralmacht in Europa, und „Rasse“, Reich, Volk und Nation werden wieder zu ganz normalen Letztbegründungsbegriffen erhoben“.3

Dieser Prozess passt gut in die kulturrevolutionäre Strategie der Neuen Rechten, an der Universität Eliten zu schaffen, um ihre befreiungsnationalistischen Ansätze in die Uni zu tragen. Neoliberalismus und rechter öffentlicher Diskurs bieten der extremen Rechten nicht nur die Möglichkeit, sich auf allgemein anerkanntes Gedankengut zu stützen, sondern sie lassen auch die Verknüpfung mit vielen traditionellen Grundmustern rechtsextremen Denkens zu, so beispielsweise »Auslese der Stärkeren, kulturell determinierter Rassismus, Leistungsethos, Gewerkschafts- und Demokratiefeindlichkeit, Autoritarismus,…«4

Fast schon prädestiniert für die Strategie der Neuen Rechten sind die Burschenschaften mit ihren elitären, chauvinistischen und antidemokratischen Wertvorstellungen. Den Studentenverbindungen fiel eine maßgebliche Rolle bezüglich der Verbreitung der nationalsozialistischen Machtergreifung an den Hochschulen zu5 .

Die Burschenschaften und Verbindungen, die sich heute in der Grauzone von Rechtskonservatismus und Rechtsextremismus bewegen, bieten den neurechten Theoretikern die Chance, rechtsextreme Positionen zu intellektualisieren und neue (studentische) Kameraden zu rekrutieren. Wenn eine Bielefelder Burschenschaft einen der bedeutendsten Vertreter der Neuen Rechten, Horst Mahler, der mit den sog.»Bielefelder Thesen« übelste Demagogie betreibt, ein Forum bietet, spricht das eindeutig für diesen Trend.

Auch in die wissenschaftlichen Diskurse dringt das neue rechte Denken ein.

So wurde z.B. die sog. »Bioethik- Konvention« des Europarats, die zum einen medizinische Menschenversuche an mutmaßlich nicht einwilligungsfähigen Personen und zum anderen Organentnahme auch entgegen einen vorher erklärten Willen ermöglicht, auch von Forschungseinrichtungen und Lehrenden gefördert, um Forschungshindernisse zu beseitigen.Ethische Fragen werden zunehmend den Interessen der wissenschaftlichen Forschung und des kapitalistischen Marktes untergeordnet, was zu einer Einteilung in »wertes« und »unwertes« Menschenleben führt.

Hier müssen das der Forschung und der Wirtschaft zugrunde liegende Menschenbild hinterfragt und die geistige Kontinuität zum Nationalsozialismus aufgezeigt werden.

Wen kann es bei all dem noch verwundern, dass auch die neonazistische Szene in OWL neuen Aufwind verspürt und sich seit Jahren – bis vor kurzem weitgehend ungestört – allwöchentlich Neonazis in der Gaststätte „Der Postmeister“ am Kesselbrink treffen können. Dort – und von dort aus – werden, ganz in der Tradition der SA-Sturmlokale in der Weimarer Republik, Informationen ausgetauscht, neue Anhänger angeworben und Angriffe auf auf fremd oder links aussehende Personen gestartet.

epilog

Angesichts dieser Realitäten unterstützen wir ausdrücklich die Beibehaltung der Antifa-AG im derzeitigen AStA, die versucht, dem neoliberalen Zeitgeist und den rechten Aktivitäten in der Uni und anderswo entgegenzuwirken. Sie leistet einen wichtigen Beitrag zur politischen Meinungsbildung der Studierenden.

Nie Vergeben!
Nie Vergessen!

1: Handbuch deutscher Rechtsextremismus. Mecklenburg, Jens (Hrsg.).Berlin 1996, S.879
2: Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Studien zur aktuellen Entwicklung. Institut für Sozialforschung (Hrsg.) Frankfurt a.M./New York 1994, S.88f.
3: Die Restauration rechten Denkens. Jäger, Margret/ Jäger, Siegfried. In: Forschungsinstitut der Internationalen Wissenschaftlichen Vereinigung Weltwirtschaft und Weltpolitik, Berichte November 1999
4: Neoliberalismus und die extreme Rechte. Schui, Herbert u.a., München 1997.
5: Handbuch deutscher Rechtsextremismus, a.a.O., S.866

Dieser Beitrag wurde unter 2003, Antifaschismus, Archiv, Hochschulpolitik abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.