Bielefelder Gruselkabinett

Ein Abgesang auf die letzten 12 Monate AStA-Arbeit von ghg*ol und Konsorten

Endlich wieder Wahlk[r]ampf! Ein neues Stupa wird gewählt und früher oder später auch ein neuer AStA. Das wollen wir zum Anlass nehmen, zu rekapitulieren, was denn eigentlich der aktuelle (ghg*ol-)AStA in den letzten Monaten alles so fabriziert hat. Schön is dat alles nich – das sei schon mal vorweg gesagt…

Vom Beginn und Ende der Koalition

Nach der letzten Stupa-Wahl dauerte es einige Zeit bis die üblichen Koalitionsverdächtigen (Grüne Hochschulgruppe*Offene Liste [ghg*ol], Jusos, Kompass, Chronisch Schwule Union [C.S.U.] …) in der Lage waren, einen neuen AStA wählen zu lassen. Es fehlte schlicht an Personal, das bereit war, den Vorsitz zu übernehmen. Und so wurde schließlich auch Abschied genommen von der in den letzten Jahren praktizierten geschlechtergemischten AStA-Doppelspitze und ein männlicher Vorsitzender (ghg*ol) gewählt, dem zwei weibliche StellvertreterInnen zur Seite gestellt wurden. Ob das jetzt Ausdruck eines neuen ‚pragmatischen‘ grünen Verständnisses von Geschlechtergerechtigkeit ist: 2 ♀ Stellvertreterinnen ≈ 1 ♂ Vorsitzenden? Wir wissen es nicht – aber irgendwie gab die Abkehr von der geschlechtergemischten Doppelspitze auf jeden Fall schon einen Vorgeschmack auf das, was folgen sollte und im Bruch der Koalition vor ein paar Wochen mündete. Interessierte Beobachter_innen erinnern sich vermutlich noch an die Querelen innerhalb der Asta-tragenden Listen, die zu einem letztlich gescheiterten Misstrauensvotum gegen den AstA-Vorsitzenden und dem anschließenden Rücktritt fast des gesamten übrigen AStA-Personals führten.

Ein großer Teil der AstA-Referent_innen warf dem Vorsitzenden zum einen eine überbürokratische, leidenschaftslose Arbeitshaltung mit teils autoritärem Führungsstil vor und zum anderen einen verletzenden, verbal aggressiven Gesprächshabitus im Besonderen gegenüber den Referentinnen des AStA. Da diese Probleme offensichtlich nicht gelöst werden konnten, kam es zum Bruch der Koalition. Die Jusos und die meisten AstA-Referent_innen scherten aus und so kam es zu besagtem Misstrauensvotum auf der Stupa-Sitzung am 18.3. Dort durften (oder eher: mussten) wir dann erleben, wie besonnen und reflektiert ghg*ol, C.S.U. und Kompass mit den Diskrimierungsvorwürfen gegenüber ihrem Vorsitzendem umgehen. Anstatt die Vorwürfe ernst zu nehmen, wurde der Spieß umgedreht. So sieht das also aus, wenn die Grünen einen Schwerpunkt ihres Engagements umsetzen….

„Ein […] Schwerpunkt unseres Engagements ist die Arbeit gegen jede Form der Diskriminierung. Daher sprechen wir regelmäßig Probleme diesbezüglich an – egal, ob es dabei um Geschlechterrollen [u.s.w.] geht.“

heißt es im Netz von Seiten der ghg*ol…naja, das hätten wir uns aber irgendwie anders vorgestellt! Statt auf die Vorwürfe einzugehen, war in einem späteren Flyer von ghg*ol, C.S.U. und Kompass lediglich von zahlreichen Unstimmigkeiten zu lesen. Interessante Anti-Diskriminierungsstrategie: Wir bekämpfen Diskriminierung, indem wir so tun, als ob sie gar nicht vorkommt. Wow! Hut ab! Darauf muss mensch erstmal kommen… Darüber hinaus in der Abstimmung über den Vorsitzenden wurde mit den Stimmen der Rechten und den gleichzeitig zu erwartenden Gegenstimmen von Jusos und der emanzipatorisch_radikalen_linken (Bündnis im letzten Stupa, dem auch :uniLinks! angehörte) gepokert. Ohne die Stimmen von RCDS (Ring Christlicher Demokratischer Studenten, die CDU-Jugend an der Uni) und LHG (Liberale Hochschulgruppe, also FDP) wäre das gesamte Szenario nicht haltbar gewesen. So wurde der Vorsitz im Amt gehalten und damit locker in Kauf genommen, dass daraufhin der Großteil des AStA zurücktritt. Was ja auch geschah. – Der RCDS und die LHG wollen übrigens erklärtermaßen AG Freie Bildung, Antifa-AG und die Autonomen Referate, darunter das Feministische Referat, aus der AStA-Struktur streichen…

Aber (politische) Arbeit wurde zwischenzeitlich auch geleistet …serviceorientiert und kompromissbereit

Doch auch sonst ließ die Arbeit des AStAs aus emanzipatorischer Perspektive einiges zu wünschen übrig – was uns aber auch nicht weiter verwundert hat. Halten Grüne, Jusos und Konsorten doch schon seit Jahren an einer kompromissbereiten und partnerschaftlichen Politik gegenüber dem Rektorat fest. In einer Pressemitteilung des frisch gewählten AStAs klang das dann so „Neben der Beratung von Studierenden in sozialen Problemsituationen wird der politische Diskurs mit den Entscheidungsträgern der Hochschule den Schwerpunkt unserer Arbeit bilden“. Darin gelangt zum Ausdruck, dass die ghg*ol und ihre Partner_innen den AStA in erster Linie als Serviceinstitution und Gesprächspartner des Rektorats begreifen. Interessanterweise ist von einem Diskurs mit den Studierenden, die aufgrund der zutiefst undemokratischen Strukturen an der Uni weitestgehend von formaler Entscheidungsgewalt ausgeschlossen werden, keine Rede – genauso wenig übrigens wie von eigenständigen politischen Positionen, die vertreten werden.

Ein solches zutiefst unpolitisches Verständnis der eigenen Arbeit und eine dermaßen kritiklose Haltung gegenüber den undemokratischen Strukturen an der Uni fügt sich wunderbar in das um sich greifende Verständnis einer schönen neuen serviceorientierten und effizienzgesteigerten Universität ein. Damit wird die unpolitische Haltung des AStAs zu einer klaren politischen Positionierung, die den Demokratieabbau und die Ökonomisierung der Universitäten nicht nur nicht kritisiert, sondern durch das eigene Mitmachen noch legitimiert.

Nun ließe sich einwenden, dass es ein wenig an den Haaren herbeigezogen ist, anhand einer kurzen Pressemitteilung eine solche grundsätzliche Kritik am AStA (bzw. der ghg*ol und ihrer Koalitionäre) zu formulieren. Der Blick auf zwei wichtige Ereignisse der letzten Monate zeigt aber deutlich, dass in dem zitierten Satz tatsächlich ganz wunderbar die Position des AStAs zum Ausdruck gelangt. Die Rede ist vom Bildungsstreik im November sowie vom kürzlich abgehaltenen sog. ‚Dies Academicus‘. Zunächst zum Bildungsstreik: Im Zuge des Streiks wurde kurzzeitig das Audimax besetzt. Mit dieser Aktion nahmen sich Studierende, denen die Hochschule in ihrer jetzigen Form systematisch jede Form der Mitsprache und jeden Raum der Diskussion verwehrt, das Recht heraus, sich einen Ort anzueignen, um sich (auch jenseits der etablierten, formalen AStA-Strukturen) zu vernetzen, Kritik an der Bildungs- und Hochschulpolitik zu diskutieren, sowie eigene Forderungen zu entwickeln und sich eine eigene Stimme zu verschaffen, die auch vom Rektorat und den sog. ‚Entscheidungsträgern der Hochschule‘ wahrgenommen wird. In diesem Sinne verstehen wir die Besetzung des Audimax als legitimen Versuch derjenigen, die etwas zu sagen haben, aber am Sprechen gehindert werden, sich Gehör zu verschaffen. Nicht die Besetzung war also problematisch, sondern die undemokratischen Strukturen der Universität. Die AStA-Spitze sah das aber scheinbar anders. Eine Pressemitteilung des Vorsitzes machte entsprechend deutlich, dass das Anliegen der Besetzer_innen zwar legitim sei, aber die gewählten Mittel so doch nicht in Ordnung. Oder wie anders soll mensch folgendes verstehen? „Der AStA solidarisiert sich mit der Initiative der BesetzerInnen, für die Verbesserungen der Studienbedingungen einen Freiraum zu schaffen, allerdings kann der AStA keine illegalen Aktionen unterstützen“.

Wie dagegen ein AStA- (und Rektorats-) genehmer Freiraum für die Verbesserungen der Studienbedingungen aussehen könnte, zeigte schließlich der ‚Dies Academicus‘ am 19.5.2010. In trauter Einigkeit organisierten AStA und Rektorat diesen wunderschönen Tag, an dem nun endlich alle Themen, die den Studierenden schon seit langem unter den Nägeln brennen auf den Tisch kommen sollten und zur Disposition gestellt wurden. Bildungsstreik und Audimax-Besetzung hatten also endlich doch was erreicht und an der Uni bewegte sich was – oder etwa doch nicht?

Abschaffung der Studiengebühren, Auflösung des Hochschulrates, Demokratisierung der Uni oder Kritik an den BA/MA-Studiengängen – alles Forderungen der Bildungsstreik-Bewegung – fanden (wider Erwarten?!) keinen Einzug ins Programm. Stattdessen gab es Workshops zu verschiedenen Lehr- und Lernformen und eine Filmvorführung. Wahnsinn! Und alles ganz legal! Dieser AStA kann was. Er schmeißt sein gesamtes politisches Gewicht in die Waagschale, um voller Realitätssinn und Pragmatismus endlich die Studienbedingungen grundlegend zu verbessern. Der nächste Bildungsstreik kann also abgesagt werden – denn jetzt wird in den Seminaren problemorientiert gelehrt und gelernt und auch das E-Learning wird jetzt noch besser eingesetzt. Toll! Danke AStA!
So haben wir uns den Freiraum für die Verbesserungen der Studienbedingungen sicherlich nicht vorgestellt.

Darum wendet sich :uniLinks! gegen diese Politik der Grünen Hochschulgruppe (ghg*ol) und ihrer Koalitionspartner_innen und tritt für die Stärkung und Ausweitung autonomer und selbstorganisierter Strukturen sowie das Festhalten an den Forderungen des Bildungsstreiks ein.

Keine Kooperation mit dem Rektorat unter den gegebenen Umständen!

Besetzung neuer Freiräume!

Ausweitung des Bildungsstreiks und Unterstützung durch einen kämpferischen AStA!

Radikale Demokratisierung der Bildungsinstitutionen!

Wahlen zum Studierendenparlament 28.6. bis 2.7. 2010

Liste 6 :uniLinks!_r.o.s.a

Flyer

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