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Über Studiengebühren und grüne Ängste um die deutsche Nation

Alle sind gegen Studiengebühren. Selbstverständlich! Nur die Gründe der Ablehnung differieren beträchtlich. Und so lohnt sich ein genauer Blick auf einige Argumentationen. Besonders die Argumente eines studentischen Senators der ghg*ol sind es – leider – wert, hier noch einmal aufgegriffen zu werden. Denn es gibt sie doch, die Unterschiede zwischen den Gebührengegner_innen. Mensch reibt sich verwundert die Augen, aber die erste Sorge des Senators scheint der mangelnden ‚Fertilitätsrate’ deutscher  Akademikerinnen zu gelten. So bedenkt er zuerst die Belastungen privater Haushalte, welche seiner Auffassung nach mit der Einführung von Studiengebühren einhergingen. Präzisiert wird der Gedanke durch den Hinweis, dass es Familien mit Kindern sind, die belastet würden. Wieder einmal könnten sich die (wohl als unsozial verstandenen)
Reproduktionsverweigerer_innen ins Fäustchen lachen. Und schließlich macht der ghg*ol-Senator seine Befürchtungen explizit. Studiengebühren „werden noch mehr AkademikerInnenpaare von der Familiengründung abhalten“1.

Damit reiht er sich, gewollt oder ungewollt, in einen bevölkerungspolitischen Diskurs ein, in dem auch mal „Kinder statt Inder“ gesagt werden darf und dem die neue Bundesfamilienministerin von der Leyen als Idol neuer deutscher Familienglückseligkeit dient. Zugrunde liegt die Angst, es könne eines Tages nicht mehr genug Deutsche geben. Individuelle Lebensplanung und Emanzipation werden dem höheren Ziel des ganz speziellen ‚nationbuilding’ untergeordnet.

Wer so denkt, der_m gerät wohl nicht in den Sinn, dass es bei der Einführung von Studiengebühren wohl weniger um die Zerstörung der deutschen Nation geht (was durchaus zu begrüßen wäre), als vielmehr um einen weiteren Schritt einer neoliberalen Umstrukturierung der Gesellschaft. Mit dem generellen Rückzug des Staates aus der öffentlichen Daseinsvorsorge geht die Privatisierung und Individualisierung gesellschaftlichen (Miss-)Erfolgs einher. Jede_r ist ihres/seines Glückes – und auch des Peches – Schmied und hat entsprechend für die Kosten selbst aufzukommen. Ansprüche an den Staat sind obsolet geworden. Die geplante Einführung von Studiengebühren folgt genau dieser Logik. Entsprechend sollte sich Widerstand daran festmachen und nicht an der Sorge um die deutsche Nation. Diese möge lieber früher als später verschwinden!

1 Martin Isbruch: Sondervotum zu TOP 13 der 331. Sitzung des Senats am 1. Februar 2006, S.4.

Den Flyer zum Download gibt es hier

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